Cato Zulu (Hugo Pratt)
Nach Ann & Dan und den ersten drei Cortos mache ich mal einen Zeitsprung in Hugo Pratts Werk, denn der vorliegende Band ist deutlich später entstanden als die zuvor genannten. Geografisch geht es wieder zurück nach Afrika, diesmal mitten hinein in einer der düstersten Epochen der britischen Kolonialzeit, die Zulu-Kriege. In der Region war ich noch nicht unterwegs, aber vergangenes Jahr unternahmen wir unsere zweite Reise nach Ostafrika, diesmal nach Kenia, und zur Einstimmung beschäftigte ich mich mal wieder ein wenig mit geschichtlichen Aspekten des Kontinents. Zu den Gefechten zwischen den Britischen Truppen und den Zulu-Kriegern habe ich mir zwei Filmklassiker angesehen.
Zulu (1964) und Zulu Dawn - Die letzte Offensive (1979)
Zwei sehr starke Filme über ein Thema, welches viel zu wenig beleuchtet und thematisiert wird/wurde, immerhin ist das Vorgehen der britischen Truppen im Gebiet der Zulu nichts Anderes als ein Genozid aus Gier, den das vereinigte Königreich hier an einem ursprünglichen Volk beinahe durchgezogen hat. Hauptgrund waren wohl Bodenschätze wie Edelsteinvorkommen.
Der erste Film mit einem ganz jungen Michale Caine in seiner ersten größeren Rolle ist so etwas wie eine Alamo-Variante in der eine Truppe der britischen Armee von einer Übermacht Zulus in einem Fort eingekesselt wurde. Natürlich wirkt das ganze inszenatorisch heutzutage teilweise recht naiv und durchschaubar (sehr gestellt wirkende Szenen mit äußerst offensichtlichen praktischen Spezialeffekten), dennoch, wenn man das ausblenden und sich drauf einlassen kann bekommt man einen packenden Kriegsstreifen geliefert, der mit tollen Charakteren aufwartet und neben viel Pathos sogar den ein oder anderen UK-kritischen Moment durchblitzen lässt.
Schon deutlich besser (und auch brutaler) inszeniert ist der starbesetzte, 1979 erschienene Zulu Dawn, der als direkte Vorgeschichte zu dem deutlich früher entstandenen Zulu verstanden werden kann, werden hier doch die Vorkommnisse geschildert, welche direkt vor den Zulu-Kriegen stattfanden und die Tragödie einläuteten. Mit Burt Lancester, Peter O'Toole, Bob Hoskins u.a. geben sich die großen Namen die Klinke in die Hand. Hier wird die vermessene Arroganz und die ethische Unrechtmäßigkeit des britischen Handelns schonungslos aufs Tablett gebracht, die Schlachten sind geschickt aufgebaut und strategisch dargestellt. Ja, das ist schon großes Kino.
Insgesamt ein ganz tolles und auch informatives Double Feature, wenn man mit Klassikern was anfangen kann und sich an altbackenen und stellenweise zu offensichtlichen Effekten nicht stört. Das wäre mal ein Thema, welches ich gerne mit aktuellen Mitteln von einem fähigen Regisseur umgesetzt sehen würde, aber dafür sind vermutlich zu wenige Menschen an der Materie interessiert, die (Welt-) Kriege und Indianervertreibung sind da eher im Fokus.
Jetzt aber zurück zu Hugo Pratt, der in genau diesen historischen Kriegswirren seine Geschichte Cato Zulu ansiedelt. In den Fokus der von wahren Begebenheiten umrankten Geschichte setzt er mit Catone Milton einen Offizier, der vermeintlich tatsächlich existierte und alles andere als ein großer, selbstloser Held war. Ganz im Gegenteil, der etwas unsympathisch anmutende Lebemann und Glücksritter ist sich stets selbst der Nächste und als er gar in den Tod des französischen Thronfolgers verwickelt wird beschließt er den Konsequenzen zu entfliehen und sich als Schatzsucher zu betätigen. Während er in diesem Sinne durch das exotische und kriegsgebeutelte Land streift wird er also von den Eingeborenen als Feind und von den Briten als Deserteur bedrängt, doch lange allein bleibt er trotz allem nicht…
Es ist ein geschickter Kniff einen etwas schelmischen Taugenichts als Hauptdarsteller in den Fokus zu rücken, so werden die Abenteuer, die Cato zu bestehen hat abwechslungsreicher und bekommen einen realistischen Anklang. Schon die Einleitung mit all den Bildern und Entwürfen Pratts stimmen mal wieder perfekt auf die Geschichte ein. Die Erzählung selbst kommt durch den etwas ungeschlachten Hauptdarsteller weniger wehmütig rüber als beispielsweise eine Corto-Episode, aber die robustere und abenteuerlichere Herangehensweise wirkt erfrischend und lässt nie Langeweile aufkommen. Einziger Wermutstropfen ist das Artwork, denn da scheint Pratt auf seine alten Tage etwas nachgelassen zu haben. Ein detailverliebter Meister war er meines Erachtens nie und auch hier gibt es zwar durchaus schöne Panels und Bilder, aber auch sehr viel lieblos anmutendes Material. Oft wirken die Zeichnungen etwas faul und schluderig, was durch die Größe (sind hier nur Dreireiher, keine Vierreiher) noch deutlicher wird. Jetzt kann ich nachvollziehen was @Grubert im Corto Maltese Thread bei Schreiber & Leser schon angemerkt hatte. Das gibt leider Abzug in der B-Note für den im Grunde gelungenen Band.
7/10
VG, God_W.
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